Im nördlichen Skandinavien findet der Wanderer heute in der alpinen Zone eine Tundrenlandschaft vor, die mit ihrer Vegetation und ihrem Reichtum an Gletscherspuren und Rohböden den Bedingungen ähnelt, wie sie zum Ende der letzten Eiszeit, also etwa vor 10000-12000 Jahren in Mitteleuropa geherrscht haben. So findet man in Nordschweden heute vielerorts die sog. Dryasheide (Dryas = Silberwurz) vor, die mit vielen kälteresistenten Pflanzenarten (die in Mitteleuropa heute nur noch fossil oder ganz punktuell als Glazialrelikte vorhanden sind) vor mehr als 12000 Jahren auch die Vegetation der mitteleuropäischen Tundren geprägt hat.
Eine Reise in die nordschwedischen Gebirge hat damit auch den Charakter einer "Zeitreise" in die frühe Nacheiszeit und erlaubt uns eine anschauliche Vorstellung davon wie die mitteleuropäischen Landschaften einmal ausgesehen haben mögen.
So bietet die Natur im schwedisch-norwegischen Grenzgebirge heute eine Vielfalt an Bodenformen und Lebensformen der Pflanzen, die von der Allgegenwärtigkeit von Frost und von kurzen, kühlen Sommern zeugen. Fließerden, lokaler Permafrost, Steinringböden und rezente Gletscher sind dabei ebenso spannend zu untersuchen wie der Versuch der Pflanzenwelt, sich mit zahlreichen Spezialanpassungen im Frostwechselklima zu behaupten. Spezialisten finden wir auf Schneeböden, in Mooren, in eisigen Quellen, auf instabilen Fließerden, Frostbeulen und Berggipfeln.
Der alpinen Zone / Tundra steht in den tieferen Lagen der borealen Zone die Taiga gegenüber, womit die borealen Waldökosysteme gemeint sind, die v.a. von Wald-Kiefer und Fichte, aber auch von der Krummbirke aufgebaut werden. Das aus der Ferne monoton und eintönig anmutende Erscheinungsbild der Taiga entpuppt sich bei näherer Erkundung als ein faszinierendes Muster aus Mooren, Bruchwäldern, trockenen Kiefernwäldern, Wasserläufen, Schutt- und Geröllhalden, wobei häufig die gletschergeprägten Oberflächenformen die natürlichen Grenzen von Wasserläufen, Mooren und Toteislöchern bilden.