Beim Wandern in unwegsamem Gelände sowie bei steilem An- oder Abstieg wird gerne ein Wanderstock benutzt, um die Knie zu entlasten und um mehr Sicherheit beim Gehen zu gewährleisten. Bei den meisten Wanderungen abseits der gut ausgebauten Wanderwege im Fjäll ist außerdem damit zu rechnen, dass Bäche oder kleine Flüsse durchquert werden müssen. Dabei ist ein Wanderstock ebenfalls sehr hilfreich oder aus Sicherheitsgründen sogar unerlässlich.
Es stellt sich nun also grundsätzlich die Frage, ob man sich vor Ort einen kräftigen Holzstab zuschneidet, oder ob man einen der populären Teleskop-Wanderstöcke von zu Hause mitbringt.
Aus meiner langjährigen Erfahrung komme ich zu folgender Beurteilung:
Teleskopstöcke sind bei der Anreise in Zug und Bus gut zu verstauen, sind sehr leicht und bieten genügend Entlastung für die Knie sowie zusätzliche Sicherheit beim Gehen auf glitschigem Untergrund. Ein Holzwanderstock ist deutlich schwerer und wegen des höheren Gewichts wird man sich in der Regel auf einen Stock beschränken.
Trotz der genannten Fakten laufe ich grundsätzlich mit einem langen, kräftigen Wanderstock aus Eichenholz. Das hat folgende Gründe: Holzstöcke haben auch bei einer Länge von 1,80 m eine hohe Knickstabilität.
Teleskopstöcke sind auf Leichtgewicht ausgelegt und nur vertikal richtig belastbar, die Knickstabilität ist dagegen sehr gering. Bei seitlicher Belastung, wenn man den Stock zum Beispiel beim Waten mit beiden Händen anfassen möchte, knicken die dünnen Rohre recht schnell durch und der Stock ist nutzlos.
Teleskopstöcke wurden ja für das alpine Wandern entwickelt und gerade in den Alpen ist man auch beim Bergwandern immer in der Nähe der Zivilisation. Wenn ein Teleskopstock hier kaputt geht, so hat das für die Sicherheit keine weitreichenden Folgen, zumal keine Flüsse durchwatet werden müssen.
Ganz anders in Lappland: Hier müssen bei vielen Touren mehrere Bäche täglich durchwatet werden, und bei den v-förmigen Erosionsrinnen der Gletscherbäche ist ein Durchqueren ohne kräftigen Stock nicht zu verantwortender Leichtsinn. Die Todesfälle der 90er Jahre im Sarek-Nationalpark machten dies auf tragische Weise deutlich.
Gefährliche Watstelle im Alkavagge. Der kräftige Eichenstock bildet einen sicheren "dritten Fuß". Die Hände greifen um etwa 50 cm versetzt am Stock um einen sicheren Griff zu haben. Ein Teleskopstock biegt sich dabei leicht durch.
Beim Waten in schnell strömenden Gletscherbächen ist wegen der hohen Sedimentfracht und vielen Schwebstoffe die Stromsohle beim Waten nicht sichtbar. Außerdem zieht das schnell strömende Wasser an Fuß oder Stock wenn man einen Schritt machen möchte. Deshalb tastet man mit Fuß und Stock im Spinnenschritt ohne überzusetzen und rammt den Stock jeweils kräftig auf den Grund.
Ein weiteres Problem beim Einsatz von Teleskopstöcken ist das häufige Ueberqueren von Block- und Geröllfeldern über die zum Teil auch die bekannten schmalen Holzstege führen. Hier muss man balancieren und ist froh über zusätzlichen Halt, zumal die Holzstege in Bruchwäldern und schattigen Wäldern häufig sehr glitschig sind. Ein Teleskopstock ist hier aber meist zu kurz um den tiefliegenden Grund zu erreichen und wenn man ihn zwischen Felsblöcken verkantet, knickt das Alurohr leicht ein. Einen langen Holzstock kann man auch von erhöhter Position bedenkenlos zwischen die Blöcke setzen, ohne dass man sich bücken muss und ohne dass er beim Verkanten beschädigt würde.
Lange Holzstöcke eignen sich außerdem sehr gut dazu, um bei Regenwetter in der Mittagspause mithilfe eines Ponchos rasch ein Schutzdach aufzustellen.
Fazit: Ein Teleskopstock ist für kurze Wanderungen ein leichtes und bequemes Werkzeug, bietet für lange Wildnistouren, Geröll und Flussdurchquerungen aber nicht genügend Sicherheit. Ein Holzstock ist stabil, vielseitig und stellt aufgrund seiner Zuverlässigkeit bei Nationalparkdurchquerungen ein gutes Survivalwerkzeug dar.